Fumetto heute! – Gipi und die neuen italienischen Erzähler
Paolo Bacilieri, Andrea Bruno, Marco Corona, Gianluca Costantini, Manuele Fior, Gipi, Giacomo Nanni, Paolo Parisi, Michele Petrucci, Sergio Ponchione, Maurizio Ribichini, Pasquale Todisco a.k.a. Squaz und Davide Toffolo

Ausstellungsdauer: 22. bis 25. Mai
Öffnungszeiten: Do 12–19, Fr/Sa 10–19, So 10–18 Uhr
Museumswinkel

Bei der Verleihung der Max und Moritz-Preise im Jahr 2006 hatte er es eilig. Schließlich tobte draußen die Fußballweltmeisterschaft, und seine Mannschaft spielte – Italien war auf dem Weg zum Pokal. Da konnte Gipi sich kaum auf die Auszeichnung für sein Album „Die Unschuldigen“ als Bester internationaler Comic konzentrieren. Die Gala-Gemeinde erlebte einen sehr geerdeten Künstler. Vielleicht hätte der Fußballfan Pier Paolo Pasolini genauso reagiert, bevor man ihn 1975 in den Vororten von Rom erschlagen hat. Gipis Comics erinnern an die Filme und die Romane von Pasolini. Er erzählt Geschichten vom kurzen Glück im harten Dasein und siedelt sie in leeren italienischen Landschaften an, in denen sogar das Meer eiskalt wirkt. Sein Personal ist nahezu flüchtig skizziert, trotzdem haben die Körper seiner Figuren eine ungelenke Wucht und die Gesichter sind immer ein bisschen zu groß, damit der Leser die Emotionen darin nicht verkennen kann. Licht spielt eine riesige Rolle, aber es ist fleckig, nie romantisch. Farben sind da, um zu verblassen. Weite Himmel verschlingen Sehnsüchte.
Gipi heißt bürgerlich Gianni Pacinotti und wurde 1963 in Pisa geboren. Er erzählt, dass er aus begütertem Haus stammte, als Kind aber stets so tat, als sei er so arm wie die Freunde, mit denen er spielte. 1994 begann er Comics zu zeichnen und viele seiner Geschichten haben autobiografische Wurzeln. Doch die Art, wie er erzählt, so aufgerissen in der Grafik und poetisch im Tonfall, hat ihn zu einem Kristallisationskern der neuen italienischen Comic-Bewegung gemacht.
Il Nuovo Fumetto Italiano – in Deutschland hat man wenig Ahnung vom Aufbruch junger Zeichner zu neuen Ufern der grafischen Erzählkunst. Sie bekennen sich zur klassischen Fumetto-Tradition in Schwarz und Weiß, aber sie öffnen sie in neue Techniken. Sie suchen die private Expression, kleiden die soziale Misere Italiens in individuelle Verlorenheiten, trösten aber auch mit pfiffigem Witz oder verlocken noch manchmal ins große Abenteuer auf den Spuren ihres Ahnherrn Hugo Pratt und seiner Schöpfung Corto Maltese.

Gipi hat die neue Fumetto-Generation um sich versammelt, die die erzählerische Ambition vereint, die Symbiose von Geschichte und Grafik. Namen blitzen auf: Giacomo Nanni, Paolo Parisi, Michele Petrucci, Sergio Ponchione, Pasquale Todisco, Davide Toffolo (Der hat auch schon die Plätze gezeichnet, an denen Pasolini lebte und arbeitete; es ist, als hätte der große tote Künstler, der ebenfalls gemalt hat, seinen Schmerz und seinen Mut an die Zeichner vererbt, und Gipi selbst dreht doch auch Filme). Weitere Namen: Andrea Bruno, Paolo Bacilieri, Marco Corona, Gianluca Costantini, Manuele Fior. Die wenigsten wurden bisher in Deutschland veröffentlicht: von Fior zwei Alben, von Bruno eine unwahrscheinlich schöne Story, von Bacilieri vor vielen Jahren Abenteuer. Hier sind Entdeckungen zu machen. Hier könnte ein deutsches Lesepublikum Mut und Offenheit für tolle Zeichner und Erzähler schöpfen. Italien leuchtet. Gipi bringt das Leuchten nach Erlangen. Neugier, die Gier auf Neues, sollte eine der vornehmsten Eigenschaften von Comic-Fans sein.
Herbert Heinzelmann

Eine Ausstellung von Comicon Napoli für den Internationalen Comic-Salon Erlangen im Rahmen der Festival-Partnerschaft zwischen Neapel und Erlangen.


Museumswinkel Erlangen, 1. Obergeschoss – 22. bis 25. Mai

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